Die Lkw-Schlangen an den Schweizer Aussengrenzen waren bisher zuverlässige und aktuelle Indikatoren der Schweizer Wirtschaftslage. Dies könnte sich bald ändern, denn der Schweizer Zoll vereinfacht Schritt für Schritt Verzollungsprozesse und beschleunigt dadurch den Grenzübertritt, vor allem für Camion-Chauffeure. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Ablösung von Papierdokumenten durch Softwarelösungen.

e-Customs und e-Government–Umsetzung einer Vision

Die elektronische Zollabfertigung (e-Customs/e-Zoll) ist eine Vision, die seit 1999 von der Weltzollorganisation (WCO) verfolgt wird. Ziel ist weltweit alle papiergestützten Zollverfahren durch elektronische zu ersetzen. Das Projekt e-Customs soll sowohl die Sicherheit an den Aussengrenzen der Staaten oder von Staatengemeinschaften (wie EU oder ASEAN) erhöhen, als auch den zwischenstaatlichen Handel vereinfachen.

Seit 2007 plant die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) im Rahmen der e-Government-Strategie des Bundes eine komplette Ablösung aller Papierformulare durch Internetapplikationen. Sie legte so den Grundstein für eine Trennung von Waren- und Informationsflüssen und für ein EDV-Obligatorium. Die Überarbeitung der Zollveranlagungsprozesse (ZVP), d.h. die Informatisierung der Zollabwicklung, wird zudem durch Prozessoptimierungen ergänzt.

Von NCTS, e-dec und UID ...

Der Einführung des neuen computerisierten Transitsystems (NCTS), dem elektronischen internationalen Versandverfahren, folgte die Einführung der e-dec Import- und Export-Systeme. Seit 2013 sind deshalb nur noch elektronische Zollanmeldungen gültig.

Mit dem Projekt Zollkundenverwaltung (ZKV) führte die EZV 2014 die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) ein. Sie kann jetzt bei allen e-dec Zollanmeldungen und NCTS-Verfahren benutzt werden. Geplant ist noch eine Verknüpfung der UID mit dem Bundesamt für Statistik (BFS) und mit der Applikation ZKV (u.a. Zugelassener Empfänger, Zugelassener Versender, Hauptverpflichteter und Bürge). Anschliessend kann die Ablösung der Spediteur Nr./TIN erfolgen.

Ferner soll die Bewilligungsprüfung mit dem Projekt Schnittstelle elektronische Bewilligungen automatisiert und die Schnittstelle in den Verarbeitungsprozess von Zollanmeldungen integriert werden.

... zu weiteren Neuerungen

Hoch aktuell ist die Informatisierung des nationalen Transitverfahrens (InTv, elektronischer Geleitschein), das den Geleitschein ablösen soll. Das InTv wird derzeit als Pilotprojekt mit zehn Firmen getestet. Es ermöglicht, die Vorteile der internationalen papierlosen Transite (NCTS) auch im nationalen Transit anzuwenden und durchgängige elektronische Prozesse zu realisieren. Auf dieses Projekt hat die Wirtschaft seit vielen Jahren sehnlichst gewartet. Die ersten Erfahrungen sind positiv. Es ist absehbar, dass die Formulare 11.51 und 11.52 ab Ende 2015 der Vergangenheit angehören.

eVV Import

Nach der definitiven Ablösung der formularbasierten Importverzollung mit e-dec Import ist der nächste grosse Schritt der Ersatz der Veranlagungsverfügung (VV) durch die elektronische (eVV) Zollquittung. Davon sind gegen 20‘000 Zollkunden betroffen. Die Lösung dafür ist seit 2012 verfügbar. Eine flächendeckende Umsetzung wird 2015 wohl für die EZV eine hohe Priorität haben. Mit der eVV werden grosse Mengen von Papierdokumenten durch xml-basierte Daten abgelöst. Zudem kann der Importeur mit eigenem Zollkonto die Kontrolle und Archivierung der Belege IT-basiert und sehr einfach vornehmen. Die mögliche Effizienzsteigerung ist besonders hoch, wenn dafür eine ganzheitliche Softwarelösung eingesetzt wird.

Weitere Projekte sind die Elektronische Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (eZaVV) und den vereinfachten aktiven Veredelungsverkehr (evAVV), auch bekannt als Ablösung Freipass. Die Realisierung war für 2014 vorgesehen, wurde jedoch auf später verschoben.

Offene Zolllager (OZL) mit zertifizierter Software

Seit kurzem kontrolliert die EZV OZL (Offenes Zolllager)-Kunden gezielter und weist darauf hin, dass die Verwaltung von OZL ganzheitlich IT- gestützt sein muss. Die Zeiten von Karteikarten oder einfachen Excel-Dateien sind also definitiv vorbei. Die wesentlichen Vorteile eines OZL wie Kosteneinsparungen bei Zollabgaben, Vermeiden der MWST und vereinfachtes Handling bestehen mit dem Einsatz von spezialisierter OZL-Lager-Software für die lückenlose Kontrolle der Warenbewegungen im OZL natürlich weiter. Ein solches IT-System bietet dem Zollkunden und der EZV zudem die Sicherheit, allen Vorschriften zu entsprechen (Compliance).

Vorteile nutzen

Obwohl die elektronische Kommunikation zwischen allen am Zollprozess Beteiligten, die neuen Prozesse und die elektronischen Dokumente kurz- bis mittelfristig Kosten- und Personaleinsparungenbringen, fehlt bei KMU oft das Know-how und die Zeit diese Änderungen anzugehen. Dies ist zwar unter Berücksichtigung knapper Ressourcen verständlich, verhindert aber die Erfüllung rechtlicher Anforderungen und verkompliziert die Zusammenarbeit mit Logistikpartnern. Der Einsatz von Standardsoftware spezialisierter Zollsystem-Anbieter ermöglicht dagegen, nicht nur rechtliche Anforderungen frühzeitig im eigenen Betrieb umzusetzen, sondern auch Prozesse zu automatisieren und die Zusammenarbeit mit den Logistikpartnern gemäss den eigenen Bedürfnissen zu gestalten.

Autor: Roland Schumacher, CEO SISA
Quelle: KMU-Magazin Nr. 6, Juni 2014
              swissexportjournal 4. Quartal 2014